Die Bedeutung des Onlinehandels für die Möbelbranche

Michael Steinkuehler

Die Bedeutung des Onlinehandels für die Möbel-Branche und Möbel-Spediteure

Es ist keine 5 Jahre her , als in den maßgeblichen Einkaufsverbänden des Möbel-Einzelhandels der online-Handel als ein Tabu gehandelt wurde, und für Verbands- Mitglieder ein entsprechendes Betätigungsfeld als Kriterium für den Verbandsausschluss galt. Hintergrund waren bestehende Werbegebietsabsprachen, welche hierdurch verletzt wurden. 2010 hat der Online-Handel mit „Einrichtungen“ rasant an Fahrt aufgenommen, besitzt ständige Präsenz in den Fachmedien, und mittlerweile gehört auch im stationären Einzelhandel ein Internetportal mit der Möglichkeit zum Online-Einkauf zum guten Ton. Doch um welche Ziele und welche Umsätze geht es tatsächlich ?

Mitspieler und Umsätze im Möbel-Online-Geschäft :

2012 wuchs der Online-Handel mit „Möbeln und Einrichtungen“ von ca. € 720 Mio auf

€ 1,27 Mrd um 76% (s. Möbelkultur 04/2013). Hierbei ist jedoch zu beachten , dass alleine € 700 Mio von dem Big-Player der Versender, der Otto-Group, realisiert wurden. So verbleibt ein „freier“ online-Umsatz von € 550 Mio – gemessen an einem Jahres-Gesamt-umsatz von ca. € 31 Mrd. (brutto-Verkaufs-Erlöse / Quelle : EHI Retail Institute) ein Volumen von gerade 1,77 %.

Darüber, welche Anteile hierbei von Fachsortimenten (Textilien , Accessoires , Geschenkartikel, Leuchten, etc.) besetzt werden, und wie hoch der Umsatz an tatsächlichen „Möbeln“ ist , gibt es noch keine verlässlichen Zahlen. Im Online-Business des stationären Einzelhandels dominiert meist noch die Sparte „Fachsortimente“.

In der Fachpresse der Möbelbranche wird „rasantes Wachstum“ von stationären Newcommern wie DEPOT , STRAUSS oder BUTLERS bejubelt – jedoch mit tatsächlichen Umsatzergebnissen in Bereichen von 0,00..% des Branchenumsatzes.

Reiner Online-Handel / Versandhandel :

Der Hype um den Online-Möbelversand hat viele Start-Up-Unternehmen entstehen und auch wieder sterben lassen. Ernsthafte Marktteilnehmer wie home24 , avandeo, home, etc., verfügen über unterschiedliche Vertriebsstrategien , und sind entweder (ähnlich amazon) Sammelbecken vertraglich gebundener Einzelhändler oder kaufen und vertreiben direkt. Hier hat man mittlerweile erkannt , dass es ohne Branchenprofis der Möbelszene nicht geht, und bemüht sich , an den neuralgischen Stellen – vor allem im Einkauf – Fachleute einzusetzen. Diese werden teilweise vom stationären Einzelhandel , teilweise von (bisherigen ) Versendern wie Neckermann und Quelle rekrutiert.

Zu kämpfen hat der originäre Online-Handel auch mit weiteren typischen Merkmalen und Kostentreibern des Möbelhandels : der Logistik (inkl. Montage durch Fachkräfte) und der Reklamationsabwicklung (bei Quoten auch im Nicht-Küchen-Segment von 10% und mehr…).

Besonders große Herausforderungen stellen sich bei dem kostenlosen Rückgaberecht des Versandhandels. Von einigen Anbietern werden die gesetzlichen 14 Tage aus Marketing-gründen sogar auf bis zu 30 Tage ausgebaut. Natürlich spielt hier im Kostenkalkül die Warscheinlichkeitsrechnung eine Rolle, wieviele Verbraucher (in „Originalverpackung“ ) ihr Möbelstück tatsächlich wegen reinem Nicht-Gefallen zurückgeben . Der Aufwand der Abholung durch Möbel-Monteure ist jedoch bekanntermaßen mit hohen Kosten verbunden.

Darüber hinaus müssen sich die „Onliner“ für diese Warenrücknahmen mit stationären „Schleusen“ versorgen, um diese Produkte abzustoßen – solche Abverkäufer gibt es in der Möbelbranche zu Genüge , doch diese zahlen bekanntermaßen nur einen Teil des Einstandspreises des Produktes , was bei den Online-Versendern massiv die Marge verschlechtert.

Stationärer Einzelhandel:

Die Motive des stationären Einzelhandels , sich im Online-Markt zu engagieren, sind unterschiedlich. Einige werden hier sicher eine Möglichkeit zur Generierung von Zusatz-umsätzen sehen. Die meisten EH erstellen ihre Online-Portale jedoch maßgeblich aus einem Grund : um dem Online-Handel nicht zu viele Marktanteile abgeben zu müssen.

So rüsten zwar immer mehr Big-Player des stationären Möbeleinzelhandels personell mit Experten aus der Online-Szene auf , letztendlich möchten sie jedoch nicht ihre aufwändig gestalteten Ausstellungsflächen kannibalisieren.

Internetportale der Verbundgruppen (Garant , Einrichtungspartnerring VME , EMV , etc.) dienen denn auch eher als Infonet für ihre Mitglieder denn dem Online-Verkauf von Produkten.

Die erfolgreichen „Onliner“ des stationären Einzelhandels sind die Möbel-Discounter , allen voran sicher die ROLLER-Gruppe .POCO hatte zunächst aufgrund mangelnder Professionalisierung einerseits und Kannibalisierungsängsten andererseits sein Projekt zeitweise eingestellt und startet jetzt neu. BOSS exponiert ebenfalls sein Engagement.

Dieser Erfolg der Discounter liegt maßgeblich am angebotenen Möbelsegment: Bei den Mitnahme-/SB-Möbeln handelt es sich um Produkte mit beschränkter Variationsvielfalt (im Möbeljargon: „flache Artikel“) , welche in Online-Bestellportalen mit einer begrenzten Zahl von Alternativen (Zusammenstellung , Farbe) darzustellen sowie zu handeln und für den Kunden oft vergleichbar sind.

Bei Himolla-Polstergarnituren mit hunderten von Variationen , oder ausgewachsenen Schlafzimmern oder Wohnwänden mit x Varianten, stoßen die Online-Systeme derzeit noch an ihre Grenzen.         

Somit sind es vor allem die beratungsintensiven Möbelsegmente , welche auch in näherer Zukunft dem stationären Einzelhandel seine Umsätze sichern.

Die Besonderheit von Möbeln und Kauferlebnis:

Bei der Frage nach den aktuellen Grenzen des Online-Möbel-Kaufs müssen die derzeitigen Einflüsse auf das Online-Business berücksichtigt werden. Diese liegen zum einen in der EDV-Affinität der Möbel-Käufer . Glaubt man aktuellen Studien, so besitzt mindestens die Hälfte der ultra-kaufkräftigen Zielgruppe „50++“ (noch) keinen Internetzugang. Da meist eine Kausalität „Lebensalter – Produktpreis“ existiert , besteht alleine aus diesem Grund Zurückhaltung bei wertigen, beratungsintensiven Produkten.

Die Informationstransparenz ist eine weitere Einflussgröße. Elektro-Artikel , Handys , etc. sind uns oft von ihrer Beschaffenheit bekannt , Ihre Preise sind meist vergleichbar.

Geht unsere Möbel-Anschaffung jedoch über das Billy-Regal, die einfache Tischgruppe oder die günstige Polsterecke hinaus, möchten wir diesen Artikel selbst in Augenschein nehmen und Oberfläche , Form und Beschaffenheit in der Realität begutachten.

Hier beschwert sich der stationäre Einzelhandel zu recht , für Online-Portale als „kostenlose Ausstellungsfläche“ missbraucht zu werden, und versucht u.a. auch in diesem Aspekt zu punkten, indem die Vergleichsmöglichkeit der Endverbraucher zum Beispiel durch den Einsatz von Eigenmarken (bei Hofmeister in Sindelfingen bis 45% des Möbel-sortiments) massiv eingeschränkt werden soll.

Schließlich limitieren längere Lieferzeiten sowie Kaufpreisschwellen nach oben die Bereitschaft des Verbrauchers, Waren im Internet zu erwerben.

Der typische Endverbraucher zieht bei höherwertigen und individuell variierbaren Produkten immer noch den Besuch beim stationären Fachhandel vor , vor allem , wenn noch keine endgültige Entscheidung über die Ausprägung des Produktes gefallen ist. Hier kann der Fachhandel seine Kunden mit Auswahl , Beratungskompetenz und vor allem Kauferlebnis binden.

Fazit:

Der Umsatzanteil des Möbel-Online-Handels wird stetig wachsen.

Bei den aktuellen Organisationsstrukturen , Verbrauchermerkmalen und der Attraktivität vieler stationärer Fachhändler sind diese Anteile jedoch stark begrenzt, und konzentrieren sich maßgeblich auf preiswerte , vergleichbare Artikel mit geringen Variationsmöglich-keiten. Darüber hinaus ist anzunehmen , dass ein maßgeblicher Anteil am Online-Umsatz auf Fachsortimente fällt.

Der Möbel-Online-Handel ist auf die Fachspedition vor Ort angewiesen, welche im günstigsten Fall über ein Lager verfügt, um die Herstellerware nicht mehrfach durch die Lande kutschieren zu müssen. Hier bietet es sich für jede Möbelspedition an , online-Möbel-Händler sowie große stationäre Fachhändler und Möbel-Ketten mit Online-Vertrieb

werblich anzusprechen.

Aufgrund des hohen Fachsortimentsanteils wird jedoch nach wie vor ein großer Teil des „online-Handels für Möbel- und Einrichtungen“ weiter über DHL , UPS & Co. ausgeliefert.

Ihr

Michael Steinkühler

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